Ökosysteme rütteln gewaltig an einigen historisch gewachsene Überzeugungen und wirtschaftlichen Binsenwahrheiten. «Der Kunde ist König» ist sicher einer der Grundsäulen dieser Überzeugungen und Wahrheiten für viele von uns. Ein Credo, dass den meisten schon ganz am Anfang ihrer beruflichen Laufbahn vermittelt wurde. Wenn aber Ökosysteme die Art und Weise zu wirtschaften verändern, was sind dann ihre Auswirkungen auf die Position des Kunden? Wird er bedeutungslos oder vielleicht sogar noch wichtiger?
Wie in den vorangegangenen Artikeln zum Thema «Ökosysteme» besprochen, ist ein Ökosystem dann erfolgreich, wenn die Win-Win-Win-Formel erfüllt wird. Das dritte und letzte «Win» sagt aus, dass ein klarer Nutzen bzw. Mehrwert für den Kunden geschaffen werden muss, damit ein Ökosystem besteht.
Nun, so einfach wie diese Aussage klingt, ist es dann eben doch nicht. Einerseits kennen wir alle Produkte wie zum Beispiel das letzte Blackberry, von welchem das Unternehmen überzeugt war, dass es ein riesiger Kundenhit werden würde und damit ziemlich daneben lag. Andererseits haben neue Werbekanäle wie Social Media bereits scheinbar unerklärliche Produkthypes über Nacht ausgelöst und für leere Regale rund um den Globus gesorgt.
Was möchten wir mit diesen Beispielen verdeutlichen? Der Kundennutzen ist kein eindeutiger und klar vorhersehbarer Wert.
Selbst wenn ein Unternehmen tiefgründige Marktforschung durchführt und die besten Produktdesigner am Werk waren, kann man erst wirklich sicher sein, ob ein Produkt oder Service bei den Kunden ankommt, wenn man damit an den Markt gegangen ist.
Und genauso ist die Logik auch für Ökosysteme. Wie müssen wir das dritte «Win» unter diesen Voraussetzungen nun verstehen? Wenn ein Ökosystem entsteht, treffen die Unternehmen Annahmen zum erwarteten Kundennutzen bzw. Kundenmehrwert. Wenn die Ökosystem Partner sich einig sind, dann ist das dritte «Win» gegeben und ein Ökosystem entsteht. Dies ist aber erst der Startschuss zur Entwicklung des gemeinsamen Produkts oder Dienstleistung des Ökosystems. Auch ist es normal, dass auf dem Weg vom Start bis zum Markteintritt einige Hochs und Tiefs, Kurven und Sackgassen auftreten. Werden diese Herausforderungen vom Ökosystem richtig gemeistert, ist bereits viel erreicht.
Der Markt entscheidet
Die wirkliche Bewährungsprobe ist dann aber der Markteintritt selbst. Wie mit den zuvor genannten Beispielen verdeutlicht, ist es schwierig bis unmöglich den Erfolg eines Produkts vorherzusagen. Es gibt vermutlich keinen ehrlicheren Moment in der Wirtschaft, wie wenn ein Kunde das konkrete Angebot vor sich hat und die Entscheidung zum Kauf oder Nicht-Kauf trifft. Und genau dort, ist der Kunde König. Der absolute «make or break» Moment für ein Ökosystem.
Was ist jetzt aber die Konsequenz daraus? Nun, Kunden sind nicht die Voraussetzung, dass ein Ökosystem entsteht, aber sie sind die Voraussetzung, dass ein Ökosystem weiter besteht. Klingt hart, ist es auch. Nichtsdestotrotz bringen Ökosysteme einen ganz grossen Vorteil gegenüber einzelnen Unternehmen am Markt mit. Durch die Zusammenarbeit unterschiedlicher Unternehmen kommt ein grosser Pool an unterschiedlichen Kundenbeziehungen und Wissen zu diesen Kunden zusammen. Wir haben es bereits einmal erwähnt, aber eine Studie von EY hat gezeigt, dass 75% des Werts eines Ökosystems seine Kundenbeziehungen sind. Ein riesiger Vorteil gegenüber Unternehmen, die sich allein dem Markt stellen. Ist der Kunde also König? Definitiv! Auch für Ökosysteme.
Kommende Woche kommt unsere Serie zum Thema «Ökosysteme» zu ihrem grossen Abschluss. Bleiben Sie gespannt, wenn es heisst: «Finale, woohoo!».