Wer kann wie dem Kollaps in der medizinischen Primärversorgung entgegenwirken?
In unseren letzten Blogbeiträgen haben wir uns dem Mangel in der medizinischen Primärversorgung in der Schweiz gewidmet. Die Probleme und weitreichenden Konsequenzen sind bekannt und erhalten regelmässig Gehör in den Schlagzeilen. Die Politik versucht das Problem zu entschärfen, doch davon ist bisher wenig zu spüren. Welche weiteren Massnahmen können Abhilfe schaffen und bei wem liegt die Verantwortung?
In unserer Beratungstätigkeit bei den verschiedenen Akteuren im Schweizer Gesundheitswesen erhalten wir viele Einblicke, die Hinweise auf mögliche Ansatzpunkte geben.
Welche Rolle spielen Spitäler?
Die Spitäler sind – neben den Patient:innen und überlasteten Hausärzt:innen – die grossen Verlierer des Mangels in der medizinischen Grundversorgung. Ihre Notfallstationen werden überrannt und die bestehenden Ressourcen können den Andrang kaum mehr managen. Aus dieser Rolle entsteht Handlungsdruck.
Zudem liegt, aus einer integrierenden Sichtweise, die Verantwortung über die medizinische Versorgungssicherheit bei allen Akteuren einer Region. Damit auch bei den Spitälern. Insbesondere in den ländlichen Regionen ist der Mangel und der Handlungsbedarf in der Hausarztmedizin gross (mehr dazu im Blogbeitrag 1 ).
Unterschiedliche Modelle sind denkbar und werden im Markt punktuell bereits umgesetzt. So arbeiten Kantons- und Regionalspitäler enger mit Hausarztpraxen zusammen, betreiben eigene Hausarztpraxen oder integrieren sie gar komplett in die Spitalstrukturen. Damit können Patientenströme besser geleitet, Kosten gesenkt und die vorhandenen Ressourcen zielgerichtet eingesetzt werden.
Wie können sich Institutionen als Ausbilder und Arbeitgeber einbringen?
Der Ruf, den Beruf und die Ausbildung attraktiver und zukunftsfähig zu gestalten, ist in den letzten Jahren immer lauter geworden. In der Praxis werden alternative Berufsprofile und Arbeitsweisen ausprobiert und rege diskutiert. Gleichzeitig werden Teile von Ausbildungsprogrammen finanziell durch die Kantone gefördert. Die Universitäten und kooperierenden Partnern bemühen sich gegen den hohen Ausstiegsanteil der Absolvent:innen. Sie schaffen mehr Ausbildungsplätze und Lehrstühle und versuchen, im Verlauf der Ausbildung auf die zahlreichen zukünftigen Herausforderungen im Job vorzubereiten. Durch das engere Zusammenrücken von Spitälern und der Hausarztmedizin können Assistenzärzte in der Rotation auch in Hausarztpraxen Einblicke gewinnen.
Welchen Beitrag kann die Telemedizin leisten?
Bei der steigenden Anzahl an Konsultationen bei Generalist:innen ist Telemedizin eine Möglichkeit, die Hausarztpraxen und die Notfallstationen durch Erstdiagnosen und Triagieren zu entlasten. Verschiedene Akteure im Ökosystem Gesundheitswesen bieten die unkomplizierte Beratung von Patient:innen via Chat oder Telefon an. Allerdings stellt sich hier die Frage: Wer soll Telemedizin sinnvollerweise anbieten? Wer hat das Vertrauen der Patient:innen, erster Ansprechpartner in Gesundheitsfragen zu sein? Wie wirksam ist Telemedizin und wie kann ein Informationsfluss zu den Primärversorgern sichergestellt werden?
Seien Sie gespannt auf unser «Nachgefragt bei…» mit Dr. Claudine Blaser, CEO von Medgate Schweiz.