Hürden in der Umsetzung der Ambulantisierung – Ein Blick in die Praxis
In unseren Beiträgen zum Fortschritt der Ambulantisierung in der Schweiz haben Sie in den letzten Wochen über die Sicht der Bevölkerung, der Leistungserbringer und der Krankenversicherungen gelesen. So unterschiedlich die Perspektiven sind, haben alle etwas gemeinsam: Ambulantisierung ist mit Unsicherheiten sowie Herausforderungen verbunden und funktioniert nicht von heute auf morgen. Klingt zwar plausibel, doch wo bestehen nun konkrete Hürden in der Umsetzung? Lesen Sie über unsere «Top drei Themen», die wir bei unterschiedlichen Projekten mit unseren Kunden identifizieren und gemeinsam angehen konnten.
Die Basis: eine geeignete Infrastruktur
Viele Spitäler versuchen in der bestehenden stationären Infrastruktur einen ambulanten Prozess zu implementieren, dies gelingt jedoch in den wenigsten Fällen reibungslos. Ambulante Eingriffe haben schlicht einen anderen Patienten-Journey. Ein einfaches Beispiel: Wo bisher die Patienten am Tag vor der Operation auf der Station eingetreten sind, gewartet haben und ihre Wertgegenstände platzieren konnten, treten mit der Ambulantisierung die Patienten 1-2 Stunden vor der Operation auf der Tagesklinik ein. Es wird ein Wartebereich gebraucht, der Patient wird für die Operation vorbereitet und ein Aufbewahrungsort seiner Kleider und Wertgegenstände benötigt. Ist der Patient zusatzversichert, kann ihm dafür eine moderne Einzelkoje mit exklusiven Servicedienstleistungen oder weitere ambulante Mehrleistungen angeboten werden. Ist diese Infrastruktur und das Personal auf der Tagesklinik vorhanden? Oder besteht in der vorhandenen Infrastruktur genügend Platz für einen Um- oder gar Neubau? Oder geht das Spital einen Schritt weiter und baut ein ambulantes Zentrum an einem hochfrequentieren Standort?
Der stetige Begleiter: die ausreichende Finanzierung
Fakt ist, es muss investiert werden, damit AVOS in den Spitälern umgesetzt und von den Versicherern gefördert werden kann. Das ambulante Vergütungssystem ist aber nicht kostendeckend und damit eine Grundvoraussetzung für die Umsetzung von AVOS, ohne dass Spitäler in einen Engpass geraten, nicht gegeben. Mit der hohen Geschwindigkeit an sich verändernden Rahmenbedingungen braucht es trotz Prognosen eine gewisse Flexibilität für die Zukunft – diese kostet aber. Und eine Investition in ein Vorhaben mit integriertem unternehmerischem Risiko, mit hohen Unsicherheiten und zeitlich verzögertem Nutzen wird nicht leicht getätigt.
Der Ermöglicher: ein umfassender Change
Alle Themen rund um die Ambulantisierung, die dafür benötigte Infrastruktur und Finanzierung haben einen Einfluss auf die Mitarbeitenden eines Leistungserbringers, eines Versicherers, aber auch auf die Schweizer Bevölkerung. Es sind alle gefordert umzudenken, neue Betriebsmodelle, Prozesse und Strukturen zu erarbeiten, zu verstehen und tatsächlich zu leben. Mit einem strukturierten, systematischen Change Management wird Verständnis und Wissen für die Umsetzung ermöglich. Denn nur wenn dieses Wissen vorhanden ist und die Kunden sowie Patienten den Durchblick in der Ambulantisierung und im Dschungel der eigenen Zusatzversicherung haben, können sie das Potenzial der Mehrleistungen im ambulanten Bereich erst richtig wahrnehmen.
Wie bewerten die Leistungserbringer die Fortschritte in der Ambulantisierung? Wir haben in den vergangenen Wochen eine Umfrage bei den Leistungserbringern zum Thema «Ambulantisierungsgrad des Schweizer Gesundheitswesens» durchgeführt. Das daraus resultierende Ergebnis werden wir in den nächsten Wochen publizieren – bleiben Sie gespannt!